Die Koffer gepackt, der Sonnenhut auf dem Kopf und los geht es – ab in den Urlaub. Oder doch auf eine Reise? Aber was ist eigentlich der Unterschied? „Schönen Urlaub“ – das ist ein Satz der schnell fällt, egal ob man in den Urlaub fährt oder sich auf eine Reise begibt, dabei sind Urlaub und Reisen unterschiedlicher als die Wörter verwendet werden. Wer meint, Reisen und Urlaub seien synonym nutzbare Wörter, der irrt. Deswegen erzähle ich Dir hier, warum Reisen kein Urlaub ist.
Reisen und Urlaub – Zwei grundverschiedene Dinge
Verreisen ist etwas Wunderbares. Sich aus der bekannten Heimat wegbewegen und einen neuen Ort entdecken, das bedeutet verreisen. Sobald man dann allerdings dort ist, stellt sich die Frage der Fragen: ist das Urlaub oder ist es eine Reise?
Während der Urlauber sich im Hotel ein Festmahl aus der Sterneküche gönnt, isst der Reisende eher am Straßen-Imbiss. Statt Massagen gibt es Muskelkater und statt Luxus meistens Luftmatratze. Natürlich ist das übertrieben, zeigt aber kurz und deutlich, wie unterschiedlich Reisen und Urlaub sind. Während die einen relaxen, sind die anderen auf Achse. Urlauber können entspannen, während Reisende dafür erst arbeiten müssen. Wer urlaubt genießt, wer reist erlebt. So kurz und knapp lässt sich der Unterschied zusammenfassen. Warum genau Reisen und Urlaub zwei grundverschiedene Dinge sind, erkläre ich Dir jetzt.
Per definitionem
Schon der Duden unterscheidet deutlich zwischen Reisen und Urlaub. Urlaub, das ist die „dienst-, arbeitsfreie Zeit, die jemand [zum Zwecke der Erholung] erhält.“ Das Wort kommt ursprünglich vom althochdeutschen „urloup“, was so viel bedeutet wie „die Erlaubnis (wegzugehen)“.
Die Reise hingegen definiert der Duden als „Fortbewegung über eine größere Entfernung“. Das Wort stammt vom mittelhochdeutschen „reise“, was damals synonym für „Aufbruch“ oder „Heerfahrt“ verwendet wurde. Schon anhand dieser Definitionen kannst Du sehen, dass es zwischen Urlaub und Reise einen Unterschied gibt. Während Urlaub die Freiheit wegzugehen, die Abwesenheit von Arbeit und die daraus resultierende Erholung bedeutet, hat die Reise die Definitionen der Fortbewegung, der Entfernung und des Aufbruchs inne.

„Schönen Urlaub“
Obwohl der Duden so klar definiert, dass Reisen kein Urlaub ist, passiert es im alltäglichen Sprachgebrauch doch oft, dass die Wörter synonym verwendet, oder verwechselt werden. So passiert es schnell, Reisenden einen „schönen Urlaub“ oder „gute Erholung“ zu wünschen, woraufhin diese vermutlich innerlich protestieren werden.
Die verschiedenen Nuancen des Reisens
Auch der Begriff „Reisen“ lässt sich allerdings nicht vollständig pauschalisieren. Zwar schwingt der Grundgedanke der stetigen Fortbewegung ohne den zwingend vorhandenen Erholungsaspekt immer mit, allerdings gibt es verschiedene Nuancen des Reisens.
Je nach Art der Reise treten auch unterschiedliche Herausforderungen auf – das heißt im Umkehrschluss, dass die unterschiedlichen Arten zu reisen auch unterschiedlich erholsam sind. Ein Beispiel: Wenn Du mit einem autarken Camper verreist, hast Du eine (für einige Tage) sichergestellte Wasser- und Stromversorgung. Auch hast Du ein festes Bett, in dem Du schlafen kannst. Meistens auch genügend Platz, um Lebensmittel zu lagern. Die größte Herausforderung ist es, einen geeigneten Stellplatz für die Nacht zu finden.
Wenn Du allerdings zu Fuß unterwegs bist, stehst Du noch vor einigen Problemen mehr. Du musst Dein komplettes Gepäck selbst tragen, kannst deshalb nur begrenzte Mengen an Wasser und Lebensmitteln transportieren. Du musst jede Nacht Dein Zelt aufschlagen und Dich vorher darum kümmern, genügend Wasser zum Kochen und Waschen zu finden. Außerdem bist Du der Natur ständig nahezu ungeschützt ausgesetzt.
Du siehst: auch beim Reisen gibt es unterschiedliche Extreme, die aber alle definitiv nichts mit Urlaub zu tun haben.

Reisen ist anstrengend
Urlaub gleich Entspannung. Diese Gleichung funktioniert mit Reisen anstelle von Urlaub so nicht, denn Reisen ist anstrengend. Am Pool entspannen, die Sonne genießen und die Seele baumeln lassen – diese Assoziationen kommen beim Wort „Urlaub“ schnell in den Kopf. Urlaub, das heißt Entspannung, ausruhen und genießen. Reisen hingegen ist oft das genaue Gegenteil. Wenn Du schon einmal längere Zeit gereist bist, wirst Du wissen, dass eine Reise immer Herausforderungen mit sich bringt. Egal, ob es sich nur um eine kurze oder sogar eine Vollzeit-Reise handelt.
Irgendwann stößt jeder beim Reisen an seine Grenzen – etwas, das beim Urlaub höchstwahrscheinlich nicht passiert. Während die größten Herausforderungen im All-inclusive-Standurlaub oft die Wahl der Sonnenliege und des Abendessens sind, geht es beim Reisen nicht selten um viel existenziellere Fragen. Wo verbringe ich die Nacht? Habe ich genügend Trinkwasser? Wo kann ich mich endlich wieder waschen? Das ist anstrengend!
Raus aus der Komfortzone

Natürlich kann auch Urlaub Herausforderungen mit sich bringen. Ausflüge und Unternehmungen stehen auch bei Hotelurlaubern nicht selten auf dem Programm. Doch mit Reisen sind diese nicht zu vergleichen. Vielmehr sind sie nur die Illusion des Abenteuers, das in Wahrheit die Grenzen der Komfortzone nicht überschreitet.
Beim Reisen hingegen wirst Du sicher an Deine Grenzen stoßen, ob Du es willst oder nicht. Insbesondere, da Reisen im Gegensatz zu Urlaub nicht an einen definierten Zeitraum gebunden ist, werden langfristig Herausforderungen auftreten, denen Du Dich wirst stellen müssen. Herausforderungen, die Urlauber so nicht erleben und deswegen oft auch nicht verstehen werden. Herausforderungen, die eigentlich im Alltag auftreten, und eben dann, wenn Reisen Alltag ist.
Vollzeitreisende sind keine Dauerurlauber
Oft werden sie beneidet oder belächelt. Sie „leben den Traum“, haben „ein leichtes Leben“ und nicht mit den Problemen des normalen Alltags zu kämpfen. Das hören viele Vollzeitreisende, die sich entschieden haben, ihr Leben nicht mehr nur an einem festen Ort zu verbringen. Diese Stigmatisierung von „Dauerurlaubern“, die den ganzen Tag nur chillen und die finanziellen Vorteile der (asiatischen) Länder ausnutzen, ist allerdings ebenso ungenau wie falsch.
Wer sich auf eine Reise begibt, ob mit Camper, Zug, Rad oder zu Fuß, wird sich früher oder später um dieselben Probleme kümmern müssen, die auch im „normalen“ Alltag auftreten würden und sogar noch um einige mehr. Hier sind ein paar Beispiele der Herausforderungen von Vollzeitreisenden.
Die Herausforderungen beim Vollzeit-Reisen
Die Suche nach Wasser und Essen
Wer in einem Haus lebt, hält es für vollkommen selbstverständlich: Wasser kommt aus dem Hahn, unbegrenzt und unbedenklich. Wer Vollzeit reist, wird diesen Luxus schon bald zu schätzen lernen. Wenn Du reist, wirst Du eher früher als später Wasser benötigen. Ob zum Trinken, Kochen oder Duschen – Wasser ist ein unbedingt notwendiger Rohstoff, ohne den keine Reise funktionieren kann. Nur ist dieses Problem ohne festen Wohnsitz mit Wasseranschluss nicht immer leicht zu lösen. Die Suche nach Trinkwasser ist nur eine der Herausforderungen, denen sich Reisende stellen müssen, und die Urlauber definitiv nicht erleben werden.
Genauso ist es mit Lebensmitteln. Während in Hotels fertig zubereitete Mahlzeiten und zuhause ein gefüllter Kühlschrank warten, hat man auf Reisen oft nur begrenzte Lager- und Einkaufsmöglichkeiten. Deswegen heißt es oft, genau zu planen, wann und wo es etwas zu Essen gibt – eine Herausforderung, die in Urlaub und Alltag nahezu unvorstellbar ist.
Der Schlafplatz
Egal ob Du mit dem Camper, dem Rad oder zu Fuß unterwegs bist – früher oder später wirst Du schlafen müssen. Und da Du unterwegs bist, wird Dein Schlafplatz sicher nicht das heimische Bett sein, sondern ein Ort, den Du als reisende Person erst finden musst. Wer unterwegs ist, steht (fast) jede Nacht vor der neuen Herausforderung, ein Bett zu finden.
Während Camper dann versuchen, einen Stellplatz zu finden, suchen Backpacker nach Couchsurfing-Hosts oder günstigen Hostels. Ganz egal, wie Du reist: irgendeinen Platz für die Nacht musst Du finden. Wer nur im Bett zuhause mit dem eigenen Kopfkissen, der Nachttischlampe und der perfekten Temperatur schlafen kann, wird schnell merken, dass ein solcher Komfort beim Reisen meistens ausbleiben muss.
Der Müll
Wer nicht gerade Zero Waste lebt, der produziert in irgendeiner Form Müll. Ob die Verpackungen von Lebensmitteln oder Kosmetik oder Essensabfälle – Müll ist auch beim Reisen nahezu unvermeidbar. Nur ist es beim Reisen deutlich schwieriger, diesen zu entsorgen. Öffentliche Mülleimer sind nicht überall zu finden und eine Entsorgung dort auch nicht immer erlaubt.
Kümmert man sich als Urlauber meistens nicht einmal darum, die eigene Wäsche zu waschen, kann es beim Reisen schnell an zu vielen leeren Verpackungen scheitern.

Sich den Luxus leisten können
Während der Urlaub eine zeitlich begrenzte Auszeit zum Zwecke der Erholung aus dem gewohnten System, aus der gewohnten Arbeit, aus der gewohnten Umgebung ist und eine Rückkehr in ebendiese impliziert, ist an eine Reise nicht unbedingt eine Rückkehr gekoppelt. Das bedeutet für Reisende auch, dass sie sich nicht wie „normal“ arbeitende Menschen ihren Lebensunterhalt beim Vollzeit-Job im Büro verdienen können.
Vielmehr müssen Reisende kreativ werden und Lösungen finden, wie sie auch unterwegs für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Wenn Du für längere Zeit reist, schaffst Du Dir somit zusätzlich zu den eben genannten, essenziellen Herausforderungen noch eine Herausforderung mehr: das Geld. Auf Dauer ist es nämlich für die meisten Reisenden schwer, sich den Luxus der Reise leisten zu können, ohne zu arbeiten – egal, wie sparsam man lebt.
Den Lebensunterhalt unterwegs verdienen
Sich den Lebensunterhalt unterwegs zu verdienen, bedeutet für viele Reisende oft, auf Online-Jobs oder saisonale Jobs zurückzugreifen. Das bedeutet, entweder einen Großteil des Tages am Laptop zu sitzen oder bei Wind und Wetter auf Obst- und Gemüseplantagen zu arbeiten. Beides sind Dinge, die man im Urlaub nicht tun würde, beim Reisen aber tun muss, um weiter reisen zu können.
Ein Vorteil des Reisens ist allerdings, dass durch das Wegfallen von Miete und anderen Nebenkosten auch die Lebenskosten meist sinken. Im Umkehrschluss heißt das für viele, dass sie auch weniger arbeiten müssen. Nur ein kompletter Verzicht auf Arbeit ist für die wenigsten Reisenden realistisch umsetzbar.

Auch Reisende machen Urlaub
Reisen muss aber auch nicht immer anstrengend und herausfordernd sein. Auch auf Reisen kannst Du Urlaub machen. Nur ist der Anteil des Urlaubs am Reisen oft geringer als Du Dir vielleicht zu Beginn vorgestellt hast. Die meisten Reisenden wissen aber genau diese Balance aus Anstrengung und Entspannung zu schätzen und sind genau deswegen auf Reisen.
Warum Du reisen solltest
Nein, Reisen ist nicht immer ein Zuckerschlecken, das solltest Du jetzt verstanden haben. Reisen kann aber die schönste Sache der Welt sein, wenn Du Dich darauf einlässt und Dich ein Stück weit auch fallen lässt.
Natürlich ist es zur Entspannung angenehm, sich um nichts kümmern zu müssen, Essen und Unterhaltung geboten zu bekommen und an einem Ort zu bleiben. Aber spätestens, wenn Du einmal länger gereist bist, wirst Du schon einmal die Versuchung des Reisens gespürt haben.
Reisen, das ist zu einem sehr großen Teil auch Abenteuer. Beim Reisen schlägt das Herz schneller, ist die Ungewissheit größer und die Emotionen sind intensiver. Reisen bedeutet, viele neue Eindrücke zu bekommen, und gleichzeitig mit Ängsten, Sorgen und Herausforderungen konfrontiert zu werden.
Reisen ist, sich aus brenzligen Situationen heraus zu begeben, Fehler zu machen, auf sich alleine gestellt sein und dann aber auch ein paar Tage zu entspannen und die Gastfreundschaft in anderen Ländern kennenzulernen.
Wenn Du reist, erlebst Du eine Mischung aus Alltag und Urlaub, aber viel spannender und viel intensiver. Reisen verändert Dich, und nicht selten hört man den Satz „Reisen macht süchtig“. Nicht umsonst heißt es „Reisefieber“, dieser Drang, unterwegs zu sein, Neues zu erleben und eine Mischung aus Adrenalin und Endorphinen im Körper zu haben. Das ist eine Mischung, die so nur beim Reisen entstehen kann, denn Reisen ist kein Urlaub.
Hallo liebes Peace, Love & Om-Team, ein richtig guter Beitrag, der uns aus der Seele spricht. Wir sind gerade das zweite Mal ein Jahr mit Fahrrädern unterwegs. Und hängen in Mexiko, Tabasco, den vierten Tag im Regen fest. Da wir Zeit und zum Glück gutes WLAN haben, schauten wir uns einige eurer Aussteigervideos an. Klasse, die Mutigen, die ihr Leben im wahrsten Sinne des Wortes verrückt haben. Von unserer Familie versteht uns niemand. Wir sind 60 und 64, inzwischen Großeltern. Und werden mit dem unterschwelligen Vorwurf konfrontiert, uns nur um uns und nicht um die alten Eltern und Enkel zu kümmern. Und uns einen Lenz im Langzeiturlaub zu machen. Wenn die wüßten, dass radeln, Schlafplatz und Essen suchen unsere tägliche harte Arbeit ist. Und wir diese Herausforderungen lieben. Was hätten wir alles versäumt, wenn wir zu Hause auf der Couch sitzen geblieben wären. Wir machen weiter und danken euch für die wunderbaren Mutmach-Geschichten. Da es immer noch schüttet, schauen wir uns gleich noch ein paar an.
Abenteuerlustige Grüße von Karen und Werner aus Mexiko
Wow danke fürs Teilen! So klasse, was ihr macht! Ihr seid ein Vorbild 🙂
Danke Katja, dass du uns als Vorbild siehst. Es macht uns glücklich, wenn wir anstiften können, endlich selbstbestimmt zu leben und keine Ausreden mehr gelten zu lassen. Zu alt, keine Zeit, zu wenig Geld, krank usw. Ich hatte mir Ende Mai das Sprunggelenk gebrochen und wir sind Ende August losgeradelt. Mit nur sechs Wochen Verspätung. Radeln (also das tun was
ich liebe) ist für mich die beste Therapie. Mit Couching und Bein hochlegen wäre der Fuß vermutlich immer noch dick. Wir radeln inzwischen in den Bergen von Chiapas. Und ich muss mein schwer beladenes Stahlross nicht schieben…