Immer wieder höre ich den Satz: “Ich würde ja auch gerne im Van leben, aber ich kann mir das nicht leisten”. Wie du dir deinen Traum von Vanlife finanzieren kannst, erklärt dir Josefine. Sie lebt mit ihrem Partner im Van und möchte dir gerne ihre Erfahrungen und Tipps zum Vanlife ohne viel Geld mitgeben.
Lebensentwurf: Vollzeit im Van
Wir sind Josefine und Stefan von liebezweipunktnull einem Blog, auf dem sich alles um Vanlife, Bewusstsein und das Austesten von Alternativen dreht. Als Kinder eingefleischter Camper-Familien hatte das Nomadenleben schon seit jeher seinen Reiz auf uns. Urlaube mit dem Camper, ob Korsika, Südfrankreich oder die Toskana, gehören zu unseren schönsten Kindheitserinnerungen. So war die Entscheidung für den Lebensentwurf “Vollzeit im Van” für uns gar nicht so abwegig.
Vanlife als Sehnsuchts-Bewegung
Diese Alternative zur gängigen Norm ist mittlerweile zu einer Art Bewegung geworden. Es geht dabei meist nicht um Followerzahlen auf Instagram und leere Worthülsen, sondern um die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmtheit und um die Suche nach Erfüllung und Glück. Wie jeder andere Lebensentwurf, hat auch das Vanlife seine Vor- und Nachteile und schnell wird klar, dass Glück und Erfüllung nicht an einem bestimmten Ort zu finden sind.
Der Ort nach dem so viele von uns suchen, liegt in uns selbst und manchmal brauchen wir den Reiz des Abenteuers, um alte Gewohnheiten loszulassen und zu erkennen, was uns wirklich glücklich macht.
Das Leben selbst gestalten statt nur zu funktionieren
Auch unserer Entscheidung für ein minimalistisches und nomadisches Leben im Van, ging der Wunsch voraus, uns aus dem gesellschaftlichen Hamsterrad zu befreien, in das wir uns verirrt hatten. Statt zu funktionieren, wollten wir gestalten. Gut bezahlte Jobs und die Aussicht auf eine vielversprechende Karriere konnten uns nicht an unser Berliner Leben binden, zu groß war der Ruf der Freiheit.
Das lag nicht nur an dem Bedürfnis nach Sinn, sondern auch an der Erkenntnis, das wir den Erwartungen der modernen Arbeitswelt nicht gerecht werden können und wollen. Hundertprozentiges Engagement, die Arbeit mit nach Hause nehmen, immer erreichbar sein. Unsere Arbeit wurde nach und nach zum Mittelpunkt unseres Lebens, Beziehungen litten darunter und am Wochenende waren wir oft so erschöpft, dass auch dann keine Zeit für unsere Freunde blieb.
Urlaube waren für uns ferne Lichtblicke zwischen den angefüllten Wochen. Vanlife besteht allerdings nicht nur aus romantischem Wildcampen, aufregenden Begegnungen und tollen Sonnenuntergängen. Vanlife bedeutet auch, jeden Tag mit Fragen konfrontiert zu sein, die wir uns im alltäglichen Leben normalerweise nicht stellen. Das reicht von dem Stellplatz für die Nacht und die Frischwasserversorgung, über Strom und Toilette, bis hin zu den finanziellen Mitteln.
Einfach mal machen – Der erste Schritt ist der schwierigste
Wir sind ohne Ersparnisse in unser Leben im Van gestartet und haben es geschafft. Als wir spontan unseren Bus gekauft haben, hatten wir nicht nur unsere finanziellen Rücklagen investiert, sondern auch eine radikale Entscheidung getroffen. Wir wollten unser Leben in die Hand nehmen, nicht warten und einfach mal machen. Zur gleichen Zeit habe ich gekündigt, um mich als Embodiment Coach und Yogalehrerin selbstständig zu machen.
Diese Entscheidung haben wir gemeinsam getragen und damit ist am Monatsende plötzlich nicht mehr viel übrig geblieben. Wir haben uns trotzdem nie beirren lassen und weiter auf unseren neuen Lebensabschnitt hingearbeitet.
Der perfekte Moment
Die Idee zu Liebezweipunktnull ist entstanden. Zunächst als Website für unsere Hochzeit, dann als Plattform für unsere Kreativität und schließlich als Inspiration für andere. Unser Ziel ist es, Mut zu machen, für die eigenen Träume loszugehen, auch wenn die Umstände nicht optimal sind. Denn wann kommt er schon, dieser perfekte Moment, an dem alles stimmt?
Kein Erspartes zu haben, muss kein Hindernis sein. Wir würden sogar so weit gehen, zu sagen, dass wenig Geld zu haben, unser bester Lehrer war. Nicht nur hat unsere finanzielle Situation uns immer und immer aufgefordert, zu hinterfragen, was wir wirklich zum Leben brauchen, sie hat auch Ängste und Unsicherheiten ans Licht gebracht, die sonst vielleicht verborgen geblieben wären.
Vanlife finanzieren – das sind unsere Tipps!
Wir haben für dich aufgeschrieben, wie wir es geschafft haben, ohne Erspartes in unseren Van zu ziehen. Geld ist nicht das Wichtigste Bevor wir über allerdings über Geld reden, möchten wir als erstes mit der Idee aufräumen, dass Geld der wichtigste Faktor ist, wenn es darum geht, die eigenen Träume zu verwirklichen.
Das ist Quatsch! Jeder Traum beginnt mit einer Vision dessen, was man gerne erleben möchte und dem Mut, es auszuprobieren. Das hört sich einfach an und ist es für manche auch, für andere wiederum ist das vielleicht der schwierigste Teil der Übung. Eine Vision gibt dir eine Richtung und ein Ziel und vor allem einen guten Grund, etwas zu verändern und die eigene Komfortzone zu verlassen. Veränderungen sind oft unangenehm, denn sie erfordern Bewegung.
Eine Vision als Wegweiser
Unser Ego hat alle möglichen Strategien, um uns jede Art von Veränderung auszureden. Am Anfang murmelt es uns noch leise ins Ohr, dass das ganze Vorhaben einfach eine Nummer zu groß sei. Desto weiter wir gehen, desto lauter beschwert es sich. Plötzlich tauchen tief sitzende Ängste und Zweifel auf. Wenn du eine Vision hast, kannst du sie nutzen, um innerlich ein Bild deines zukünftigen Lebens zu zeichnen und es dir detailreich auszumalen.
Dankbarkeit
Praktiziere Dankbarkeit für dieses zukünftige Leben, um eine positive Perspektive zu bewahren. Law of Attraction oder Gesetz der Anziehungskraft bezeichnet man die Fähigkeit, das Leben über unsere Gedanken zu steuern. Jeder Mensch kann diese Fähigkeit kultivieren. Man könnte auch sagen, die Energie fließt dorthin, wo wir unsere Aufmerksamkeit hinlenken. Lass dich durch deine Ängste und Zweifel informieren, aber nicht blockieren. Sie geben dir wertvolle Hinweise darauf, welche Rahmenbedingungen für dich wichtig sind.
Wer bist du?
Um eine Vision zu entwickeln, was du dir im Leben wünschst, ist es wichtig, zu verstehen, wer du bist und was dir Freude macht. Nur weil viele Instagramer, YouTuber und andere Influencer ein aufregendes Vanlife porträtieren, heißt das noch lange nicht, dass es das richtige Leben für dich ist. Nutze diese Tools, um bei ihnen Inspiration und Motivation zu finden, und dann nimm dir Zeit dich selbst zu fragen, was du dir im Leben wünschst. Schreibe deine Antwort auf, ohne groß darüber nachzudenken.
Lass dich drauf ein
Wenn du dir im Klaren darüber bist, was du willst, ist es leichter zu entscheiden, was für Ansprüche du an dein neues Zuhause auf Rädern hast. Unser Chevy Van Emil ist uns zugefallen. Hätten wir nach einem passenden Van gesucht, wir hätten die Stehhöhe auf jeden Fall priorisiert.
Aber oft kommt es doch anders, als man denkt und obwohl wir uns wahrscheinlich nie nach einem Chevy umgeschaut hätten, würden wir Emil um nichts in der Welt eintauschen. Deshalb können wir dich nur ermutigen, dich voll und ganz auf das Abenteuer Vanlife einzulassen. Du wirst überrascht sein, was dir alles zufällt, wenn dein Herz und deine Vision in Einklang miteinander sind.
Wohnmobil-Ausbau in 48 Stunden
Bei unserer Recherche haben wir viele raffinierte, kreative und schöne Ausbauten gesehen und uns davon inspirieren lassen. Unser Ausbau hat am Ende jedoch nur knappe 48 Stunden gedauert. Wir haben bewusst darauf verzichtet, den Bus zu entkernen, und haben stattdessen mit dem gearbeitet, was bereits vorhanden war. Zum einen wollten wir Geld sparen, zum anderen mit dem auskommen, was da war.
Ohne Frage kann man für einen tollen Van-Ausbau viel Geld ausgeben. Wir haben mit Holzkonstruktionen, Farbe und ein paar Deko-Elementen unser ganz persönliches Zuhause auf Rädern zusammen geschustert. Nur an einigen Stellen haben wir uns entschieden, ein wenig mehr zu investieren, um langfristig zu sparen.
Lohnenswerte Investitionen
Wir haben Emil kurz nach dem Kauf auf Gas umrüsten lassen, das hat uns zwar ein kleines Vermögen gekostet, rentiert sich bei Preisen um die 56 Cent in Deutschland und 46-50 Cent in Polen und Litauen schon nach einigen tausend Kilometern. Zudem ist es umweltschonender und das war uns bei einem Sprit-Verbrauch von 22 Litern sehr wichtig. Unsere Solarzelle* haben wir selbst auf unser Dach geklebt. Den Strom, den wir darüber generieren, speichern wir in einer Batterie, die verschiedene Steckdosen eingebaut hat und tragbar ist.
Die Batterie hat ca. 300 Euro gekostet und war nach einiger Recherche preiswerter, als bei unseren Kenntnissen ein System mit ähnlicher Funktion selbst zu bauen. Es war uns wichtig, zumindest teilweise autark zu sein, da wir so hohe Stellplatzkosten sparen können. Auch in den Einbau eines Gasherds haben wir investiert, für 400 Euro wurde er fachgerecht installiert und der Gasanschluss geprüft. So konnten wir unseren Van als Wohnmobil anmelden und sparen nun jährlich knapp 1000 Euro Versicherungskosten.
Um Hilfe bitten
Eine wichtige Lektion war für uns auch, um Hilfe zu bitten. Du wirst staunen, wir gerne andere Menschen helfen und besonders solche Projekte unterstützen. Unabhängigkeit ist über die Jahrzehnte zu einem immer wichtigeren Begriff geworden: Wir wollen uns abgrenzen und alleine zurechtkommen. Dank Emil haben wir gelernt, dass es vollkommen okay ist, um Hilfe zu bitten, und es die Gemeinschaft eher stärkt, als schwächt. In unserem Fall war die ganze Familie beteiligt.
Mit meiner Schwiegermama habe ich unsere Vorhänge genäht. Den Stoff dazu hatte meine Mama noch im Speicher. Mit meinem Papa und meinem Bruder haben wir gemeinsam den Innenausbau gemacht. Das Projekt hat uns als Familie zusammen gebracht und auch wenn manche unserer Entscheidung skeptisch gegenüber standen, so hat das gemeinsame Werkeln sie doch ein wenig umgestimmt.
Vanlife finanzieren durch Minimalismus
Wenn du dich für das Vanlife entscheidest, wirst du schnell feststellen, dass du zu viel besitzt. Wir sammeln und horten und immer wieder wird uns suggeriert, dass wir noch mehr konsumieren müssten. Konsum ist ein gutes Mittel, um sich von Alltagsthemen abzulenken. Die Frage ist jedoch: Warum müssen wir uns von unserem Alltag ablenken? Im Camper haben Dinge, die keinen Zweck erfüllen oder dir aufrichtige Freude bereiten, keinen Platz und es ist auch kein Platz, sich vor den eigenen Themen zu verstecken.
Bewusstsein entwickeln
Vanlife ist kein Allheilmittel, viel mehr ist es ein Katalysator. Wenn du mit deinem jetzigen Leben nicht zufrieden bist, liegt der Kern des Problems häufig in dir und nicht in den äußeren Umständen. Mit dem Umzug in den Van verschwinden die eigenen Probleme nicht, aber es ist leichter ein Bewusstsein für sie zu entwickeln und zu ihrer Wurzel vorzudringen.
Deshalb ist es gut, schon früh anzufangen, die eigene Wohnung und den eigenen Geist zu entrümpeln. Wir haben vieles über Ebay Kleinanzeigen und auf dem Flohmarkt verkauft und damit ein paar Tausend Euro gemacht. Du wirst dich wundern, wie viel Erspartes du in Form von Dingen angesammelt hast. Die Marie Kondo Methode, die gerade weltweit für Aufsehen sorgt, hat auch uns angesteckt.
Leben und Arbeiten im Van – Erfinde dich neu
Wie und ob du aus dem Van heraus arbeitest, bleibt dir überlassen. Du kannst dir ein ganz individuelles Leben auf Rädern gestalten, das zu dir und deiner Situation passt. Ohne Erspartes ist es natürlich nicht so ohne Weiteres möglich, nur zu reisen, dafür ergeben sich für dich andere tolle Gelegenheiten. Mittlerweile gibt es viele Optionen von unterwegs Geld zu verdienen und selbst, wenn dein jetziger Beruf nicht zu deinem neuen Lebensstil passt, hindert dich heutzutage niemand mehr daran, dich neu zu erfinden.
Was es in Australien schon lange gibt, gibt es mittlerweile auch in Europa. Woofing heißt das Konzept, bei dem du auf Bio Bauernhöfen mithelfen kannst und dafür kostenlose Kost und Logis bekommst. Ortsunabhängige online Jobs findest du sonst auch über Plattformen wie Fiverr und Upwork. Wenn du für die Vielzahl der Möglichkeiten offen bist, findest du auch einen Job, der deinen Anforderungen entspricht.
Den Job einfach mitnehmen, um Vanlife zu finanzieren
Vielleicht kannst du auch deinen jetzigen Job problemlos von unterwegs machen. Sprich es bei deinem Chef früh genug an, um ihm Zeit zu geben, sich mit dem Gedanken anzufreunden. Sollte die Option gar nicht bestehen, kannst du dich rechtzeitig nach einer Alternative umschauen. In unserem Fall arbeitet Stefan nach wir vor für das Startup, für das er bereits in Berlin gearbeitet hat. Sein Tätigkeitsfeld hat sich durch den Umzug in den Bus ein wenig verändert, aber es haben sich auch neue spannende Projekte ergeben.
Er ist nun auch der kreative Kopf hinter unserer Bilderwelt, unseren Videos und allen technischen Details und jongliert dabei alt und neu. Durch unsere eigenen Websites sind wir mittlerweile sehr gut im Umgang mit Squarespace und designen auch Websites für Kunden. Als Embodiment Coach und Yogalehrerin suche ich noch nach einem Weg, mein Wissen zu teilen.
Im Moment dient mir für alle Gedanken zum Thema Bewusstsein unser Blog, auf dem ich mich kreativ ausleben kann. Erst durch unseren neuen Lebensabschnitt habe ich das Schreiben wieder für mich entdeckt und festgestellt, wie lange ich den Wunsch nach einer eigenen Plattform unterdrückt habe.
Fazit: Vanlife finanzieren – Unsicherheiten aushalten
Das Wichtigste zum Schluss: Wenn du deine Komfortzone für deinen Traum verlässt, ist das meistens mit Unsicherheiten verbunden. Du wirst unter Umständen keine Ahnung haben, wie du dich in den nächsten Monaten finanzierst. Diese Unsicherheit gilt es auszuhalten. Neue Wege halten immer auch neue Möglichkeiten für uns bereit.
Wer weiß, was sich hinter der nächsten Kurve verbirgt. Kultiviere deine kindliche Neugier und lass dich von deiner Intuition leiten. Du kannst ganz entspannt auf deine eigene Lebenserfahrung vertrauen. Hand auf’s Herz: Wie oft warst du schon mal in einer Situation, die dir ausweglos erschien, nur um plötzlich festzustellen, dass es doch einen Weg gibt. Und wie heißt der Spruch so schön: Wo ein Wille, da ein Weg! Ich bin mir sicher, auch du findest einen Weg dir dein Vanlife zu finanzieren.
Josefine ♥
Fotos © Stefan Weichand
Hallo, mich würde es interessieren, wie ihr es in Corona – Zeiten mit derzeit Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr mit dem Übernachten unterwegs hinkriegt. Ist es nicht verboten, im Auto zu schlafen? Vielen Dank und herzliche Grüße!
Lieber Dieter
dazu wird es demnächst einen gesonderten Artikel geben. Diese Frage steht tatsächlich immer sehr oft unter meinen Videos. LG Katja