Hi, ich bin Janina, 34 Jahre und seit nunmehr fünf Monaten leben wir, mein Mann, unser viereinhalbjähriger Lausebengel und der Hundeopa das Vanlife. Den Winter haben wir in Andalusien verbracht, weit weg von der Heimat und all unseren Lieben. Ob es unserem Sohn dort an sozialen Kontakten gefehlt hat, er seine Freunde aus Deutschland vermisst hat und was ich für Gedanken zum Thema Vanlife mit Kindern hatte, davon möchte ich euch heute erzählen.
„Aber der Junge braucht doch seine Freunde!“
Als wir unserer Familie und unseren Freunden von unseren Reiseplänen erzählt haben, haben wir auch viele kritische Stimmen zu hören bekommen. Unseren Sohn aus seinem gewohnten Umfeld zu reißen, das kann doch nicht gut sein. Vor allem, dass er sich von seinen Freunden trennen muss, das wird für ihn sicher ganz schlimm. In seinem Alter braucht der Junge doch seine Freunde! Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich dieser Gedanke nicht beschäftigt hat. Was, wenn sie recht haben?
Wird mein Kind letztendlich bindungsgestört in diese Welt hinaus gehen irgendwann? Nehme ich ihm die Erfahrung, langjährige Kindergartenfreundschaften zu pflegen? Also haben wir vor der Abfahrt sein Freundebuch akribisch mit allen Kindern gefüllt, die er kannte. Wir haben sogar die Stimmen der Kinder mit speziellen Aufklebern aufgenommen und eingeklebt. So hatte er seine Jungs und Mädels immer dabei und konnte sich an sie erinnern, wenn er wollte.
Der Abschied vom Kindergarten war tränenreich, alle standen am Zaun und winkten uns, als wir unseren Sohn an seinem letzten Tag mit dem Camper abholten. Wir fuhren also los. Nicht wissend, ob unser 5-Jähriger nun lange Zeit nur unter uns Erwachsenen verbringen würde. Ich hatte für mich mittlerweile festgelegt: „Kinder brauchen nicht zwangsläufig andere Kinder. Sie brauchen Menschen um sich herum, das Alter ist dabei nicht so wichtig.“
Vanlife mit Kindern – die erste Bekanntschaft
Wie das Leben so spielt, trafen wir direkt an einem unserer ersten Plätze, ganz im Süden von Deutschland einen kleinen Jungen und seine Eltern. Die neue Spielbekanntschaft war nur wenige Tage älter als unser Spross und die Chemie bei den beiden stimmte sofort. Und während Spiderman und Hulk mit Holzschwertern attackiert wurden, begann ich, meine Einstellung zu überdenken. Was, wenn andere Kinder doch wichtiger sind, als ich dachte? Die beiden spielten so schön und wild miteinander, dass wir uns entschieden, gemeinsam weiterzureisen.
Unser Weg führte uns über Frankreich nach Spanien und noch immer konnten und wollten wir uns nicht voneinander trennen. In der Weihnachtszeit buk ich mit den beiden Kekse, sie putzten zusammen ihre Schuhe an Nikolaus und bauten aus Stöcken Tipis am Strand. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es wäre, wenn wir noch immer alleine unterwegs wären? Klar, würde ich all diese Dinge auch machen und es wäre sicherlich auch sehr schön, aber ich sah auch ganz klar jeden Tag meine Grenzen.
Die wilden Schwertkämpfe, welche die beiden ausfochten, die Fantasiewelten in denen Batman und Spiderman umherflogen und das stundenlange Autospielen, darauf hätte er mit mir verzichten müssen. Ich begann, mir einzugestehen, dass das Spiel zwischen Kindern und Erwachsenen nicht das gleiche ist, wie das zwischen Gleichaltrigen.
Die wilden Kerle vom Palmenstrand
Unsere Reise führte uns an einen traumhaften Palmenstrand im Süden von Spanien. Es gefiel uns so gut, dass wir entscheiden, eine Weile zu bleiben. Mit der Zeit kamen immer mehr Familien an den Strand und unsere Jungs wurden Teil einer kleinen Gruppe von vier wilden Kerlen, die perfekt zusammen passten. Kämpfen, Höhlen bauen, Fahrrad fahren – von morgen bis abends waren die vier am Strand unterwegs und unser Junge kam nur mal vorbei, wenn er Hunger hatte, oder um sein Holzschwert zu holen.
Ich war mit der Situation erst einmal überfordert. Ich freute mich wahnsinnig für ihn, hatte aber nach fast 5 Jahren verlernt, was es heißt, Zeit für mich haben. Anfangs schaute ich oft, wo unser Sohn sich herumtrieb. Was macht er? Mit wem? Wie geht es ihm? Doch ich merkte immer mehr, dass das überhaupt nicht nötig war. Das freie Spielen in der Natur mit seinen Freunden ließ unseren Sohn richtig aufblühen. Er konnte sich frei bewegen, auch mal ohne Aufsicht seiner Wege gehen und wird lernten, ganz neu zu vertrauen. Die Gruppe wuchs zusammen und es wurde gemeinsam überlegt, was gespielt werden sollte.
Ich hörte Sätze wie „OK, wir machen erst deine Idee und dann meine.“ oder „Du kannst mal mein Schwert nehmen, wenn ich so lange dein Seil ausleihen kann.“ Natürlich findet das soziale Lernen nicht nur unter Gleichaltrigen statt, ich empfand es trotzdem als tolle Bereicherung, dass er sich in dieser Gruppe austauschen, behaupten und seinen Platz finden konnte.
Die Kinder blieben mehrere Wochen zusammen. Manchmal kamen noch ältere Kinder dazu, ab und zu waren auch jüngere am Strand, doch unsere vier Rabauken erlebten eine wundervolle Zeit gemeinsam.
Vanlife mit Kindern – Voneinander lernen
Besonders gerne beobachtete ich, wie diese unterschiedlichen kleinen Menschen voneinander lernten. Einer der Jungs interessierte sich fürs Bergsteigen und hatte vom Karabinerhaken bis zum Klettergurt alles dabei. Es wurde auf Palmen geklettert, sich gegenseitig gesichert und notfalls die Bergrettung via Funkgerät alarmiert. Mein Sohn stellte uns abends viele Fragen zu diesem Thema und ich freute mich, dass sein Horizont sich erweiterte.
An einem anderen Tag zeigte er einem jüngeren Kind, wie gut er schon schwimmen konnte und dieser ahmte es nach. Diese ursprüngliche und einfache Form des Lernens durch Nachahmung findet in altersgemischten Gruppen von ganz alleine und nebenbei statt. Was für ein Gewinn!
Abschied nehmen im Vanlife
Doch unausweichlich kam der Tag, an dem sich unsere Wege trennten. Jede Familie hatte andere Pläne, nach und nach verabschiedeten wir uns von den anderen Familien und schließlich bleiben nur noch unser Sohn und der 2-jährige Nachbarsjunge übrig. Sofort veränderte sich unser Alltag wieder. Die freie Zeit, die ich vorher hatte, verbrachte ich wieder mit meinem Kind und auch wenn wir unsere Spiele fanden, merkte ich doch, dass er andere Kinder vermisste. Ab und zu kamen spanische Kinder an den Strand, aber meist nur für ein paar Stunden.
Die verschiedenen Sprachen waren zum gemeinsamen Fußballspielen oder Fahrradfahren zum Glück kein Problem, doch Rollenspiele oder das Absprechen von Spielideen gestaltete sich schwierig. Ich versuchte, sein Bedürfnis nach Rangeln, Kämpfen und Wettrennen aufzufangen, doch wenn ich ehrlich zu mir bin – auch mir fehlten die anderen Kinder.
Es war so schön, zu sehen, wie offen sie aufeinander zugegangen waren. Mit jeder neuen Begegnung, die wir gemacht haben, wurde unser Junge mutiger und die Kontaktaufnahme einfacher. Jedes neue Kind konnte sofort mitspielen. Meistens wurden nicht einmal die Namen ausgetauscht, denn die waren egal.
Fazit zu Vanlife mit Kindern
Zusammenfassend würde ich sagen, dass ein Kind auf einer solchen Vanlife Reise nicht zwangsläufig einsam sein muss. Wenn man Ausschau hält, finden sich immer mal wieder Familien mit Kinder und so wie in unserem Fall, auch mal für länger. Ich glaube nicht, dass unser Sohn seine alten Freunde in den letzten Monaten sehr vermisst hat, dennoch brechen wir nun langsam auf Richtung Heimat. Seine besten Buddys freuen sich schon sehr auf seinen Besuch. Er wurde von niemandem vergessen und seine Sandkastenfreunde bleiben auch in unserem Leben, wenn wir nicht vor Ort sind.
Ich überlege, was ich meinem fünf Monate jüngeren Ich sagen würde, wenn ich könnte. Ich würde sagen, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche. Dass mein Kind statt bindungsgestört, kontaktfreudig und offen gegenüber anderen werden wird. Dass Freunde überall auf der Welt zu finden sein können und, dass Kinder nicht zwangsläufig andere Kinder brauchen, Vanlife mit Kindern aber trotzdem eine wunderschöne Bereicherung sein kann.
Eure Janina
Sehr schöner Text und sehr gut beobachtet. Es gibt nichts daran auszusetzen, wenn man mit seinen Kindern redet und sie genau wie man sich selbst fragen würde, was ihre Wünsche sind? Es ist wichtig, dass sie gesehen werden und auch als ein Teil des ganzen angesehen werden.
Alles hat seine Vorteile und Nachteile und so wünsche ich mir, wie die Autoren Nach innen geht und beobachtet, dass viele auch unseren normalen 0815 beobachten. Und ich muss dazu auch sagen, dass es im Alltag oft wenig Zeit hier für genommen wird in dem ganzen Trubel.
Das Leben ist voller Vielfalt, unendlich. So außen als auch innen im Menschen.
Das geht mit oft abhanden in einer vermeintlich sicheren Großstadt.
Deshalb mutig, sich zu raus zu trauen, innerhalb dieser Blase. Neue Wege zu gehen und den manch Winkel seiner Seele, dass noch nicht mit sich in Berührung kam, zu zeigen. Und solange Herz und Verstand beinander, miteinander sind, kommt der Rest von selbst.
Vielen lieben Dank für deine wertvolle Einschätzung.