„Wenn jeder für sich wirklich gut sorgt und seinen Herzensweg findet, dann wird die Welt ganz anders aussehen.“
Ein Minicamper, gebaut aus einem Mercedes Citan. Von außen so klein und unscheinbar, dass man mitten in der Großstadt campen kann, ohne dass es jemand bemerkt. Von innen ein gemütliches Zuhause. Mit Anfang 60 baut Irene Petersen sich ihr neues Heim. Wie sie dazu kam, diesen Weg einzuschlagen und es geschafft hat, auf nur wenigen Quadratmetern alles Nötige clever unterzubringen, haben wir sie gefragt.
Burnout und ein radikaler Lebenswandel
Wir treffen Irene an einem ruhigen Strand auf Teneriffa. Direkt an der Klippe, die zum Meer abfällt, steht ihr kleiner, weißer Minicamper. In seiner geöffneten Tür sitzt die 61-Jährige und trinkt ihren Kaffee. Sie hält ihr Gesicht in die Sonne und genießt den Blick auf die Weite des Meeres. Irene ist Psychologin und erlitt Anfang 2018 einen Burnout. Sie hatte über zehn Jahre an einer Uniklinik gearbeitet und hauptsächlich Eltern betreut, deren Kinder dort auf der Intensivstation lagen.
Das Leben dieser Kinder hing oft am seidenen Faden und die Eltern waren dementsprechend belastet. Als einzige Fachkraft vor Ort war sie für viele Familien gleichzeitig zuständig und arbeitete oft mehr als zehn Stunden am Tag. „Das war am Ende wie Krisenintervention am Fließband“, beschreibt Irene ihren Arbeitsalltag.
Spanische Städte
Als ihr Körper schließlich anfing zu streiken, ging die zum Arzt und wurde krankgeschrieben. „Und dann habe ich erst gemerkt, wie erschöpft ich war. Ich bin wochenlang nicht mehr auf die Beine gekommen.“ Irene nahm sich eine Auszeit und brauchte lange Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen.
Nach dieser Erfahrung war ihr bewusst, dass sie ihr Leben radikal verändern möchte. Sie machte sich als Psychologin selbstständig und baute sich ihr eigenes Business auf. Doch dieser Schritt war ihr nicht genug. Das „normale“ Leben passte nicht mehr zu ihr, sie wollte raus, etwas Neues wagen.
Irene kündigt ihre Wohnung
Also kündigte sie Ende 2020 ihre Wohnung. Um sich inspirieren zu lassen, schaute sie sich online um. „Ich habe ganz viele Videos gesehen von Menschen, die anders leben“, berichtet Irene. Diese Videos inspirierten die 61-Jährige und sie spürte, dass sie nicht dafür gemacht ist, immer an einem Ort zu sein.
Sie stieß durch Zufall auf ein Video von jemandem, der sich einen Kombi ausgebaut hat und darin lebt. Überall hinreisen zu können und ihr Zuhause trotzdem dabei zu haben, das war genau das, was sie sich für ihr Leben wünschte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihren Mercedes schon und begann schließlich damit, ihn als Minicamper auszubauen.

Der Ausbau des Minicampers
In Blautönen gehaltene Polster und Gardinen, viel Holz und ein Traumfänger als Deko fallen uns als Erstes an dem kompakten Minicamper auf. Mit einer Sitzbank auf der einen und einer Küche mit Arbeitsplatte auf der anderen Seite hat Irene ihren Platz optimal aufgeteilt. Doch bis aus dem Auto ein Zuhause wurde, war es ein langer Weg.
Irene baut ohne Plan los
Als Laie mit handwerklichem Geschick befragte Irene zunächst einmal wieder das Internet. Sie schaute sich verschiedene Videos von Camperausbauten an und fand nach und nach heraus, was sie realisieren wollte.
Sie plante den Umbau nicht, sondern fing einfach an. Zu Anfang wusste sie lediglich, dass auf der einen Seite das Bett und auf der anderen die Küche sein sollte. „Alles andere ist über zwei Jahre hinweg nach und nach entstanden“, berichtet die 61-Jährige. Während dieser Zeit hat der wirkliche Ausbau gar nicht die meiste Zeit gekostet, sondern eher die Frage, wo alles am geschicktesten untergebracht werden kann.
Hierbei sind Irene mit der Zeit immer mehr clevere Ideen gekommen, um den beschränkten Platz optimal auszunutzen.
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Die kleine aber funktionale Küche
Die Küche erstreckt sich fast komplett über eine Seite des Minicampers. Unter der hölzernen Arbeitsplatte befindet sich nicht nur viel Stauraum, sondern auch die Küchengeräte. Statt eines Kühlschrankes hat sie sich für eine Kühlschublade entschieden und bewahrt dort ihre verderblichen Lebensmittel platzsparend auf.

In dem Fach daneben finden wir eine herausziehbare Induktionsplatte. Die Solaranlage auf dem Dach und zwei große Lithiumbatterien versorgen alle elektrischen Geräte mit Strom. In die Arbeitsplatte ist ein rundes Waschbecken eingelassen, an dem Irene spülen und sich waschen kann. Frischwasser und Abwasser sammelt die 61-Jährige in Kanistern, die sie darunter verbaut hat.
Lediglich 12 Liter fassen diese Kanister jeweils. „Ich bin sehr sparsam mit dem Wasser“, so Irene. Den täuschend echt wirkenden Fliesenspiegel in verschiedenen Blautönen hat sie von Hand aufgemalt. Mit einem weißen Stift hat sie die Fugen gezogen, sodass der Eindruck von echten Fliesen entsteht.
Gibt´s hier auch ein Badezimmer?
Natürlich finden wir auch eine Toilette in Irenes durchdachtem Minicamper. Unter einer Sitzbank hat sie eine Trockentrenntoilette verbaut, die sie auch bequem in der Nacht nutzen kann. Den Holzkasten mit einem Trenneinsatz darin zeigt sie uns und ist stolz auf ihre platzsparende Lösung.
Bei einer Trockentrenntoilette werden die Ausscheidungen getrennt. Der Urin fließt in einen Kanister. Die Feststoffe hingegen landen in einem Eimer und werden mit Kleintierstreu oder ähnlichem bedeckt. Beides kann separat gelehrt werden und kommt ohne Zusatz von Wasser oder Chemie aus. Ihre Baduntensilien bewahrt sie griffbereit in einem Schrank über dem Waschbecken auf.

Ein Tisch für jede Gelegenheit
Um einen Tisch flexibel anzubringen, kam Irene auf eine besondere Idee. Sie befestigte sowohl an der Arbeitsplatte, als auch an der Hecktür ihres Minicampers Kupferrohre.
Ein Holzbrett mit Gardinenstangenhalterungen daran dient als Tisch. Diesen kann sie dann mit den Halterungen immer da in die Kupferrohre einhängen, wo sie es gerade benötigt. Wenn sie drinnen essen oder arbeiten möchte, kommt sie bequem von ihrer Sitzbank an den Tisch. Möchte sie mit Blick nach draußen den Tisch nutzen, hängt sie ihn in die offene Hecktür ein.
Das Sofa wird zum Bett
Wenn Irene abends schlafen geht, verwandelt sie ihre Sitzbank in ein bequemes, großes Bett. Hierfür kann sie mehrere Auszüge nützen, um das Bett breiter zu machen.
Die Polster, die zuvor als Rückenlehne dienten, legt sie nun auf die Auszüge und es entsteht ein großer Liegebereich. Ihr Bettzeug bewahrt sie in einem geräumigen Fach darunter auf.
Auch hier fällt wieder auf, wie gut durchdacht der Ausbau ist. Sie macht es sich sitzend auf dem Bett gemütlich, zaubert aus einem kleinen Fach daneben ihr Handy und klemmt es an eine Magnethalterung, die direkt neben ihr befestigt ist. „Hier kann ich dann bequem etwas auf dem Handy gucken oder auch meinen E-Book-Reader befestigen“, erklärt sie uns und lächelt stolz.
Für alles hat Irene eine Lösung gefunden
Über dem Fahrerraum befindet sich ein großes Fach mit viel Stauraum. Auch hier hatte Irene wieder viele funktionale Ideen. So befindet sich in einer Klappe ein Spiegel und ein kleiner Schalter sorgt für Licht im Schrank. Die Verkleidung drumherum hat die 61-Jährige aus einer alten Lederhose eines guten Freundes gefertigt.
Für die Fenster hat sich Irene passende Gardinen genäht und mit Magneten befestigt. So kann sie den Sichtschutz jederzeit abnehmen oder anbringen. Um ihren Minicamper komplett zu verdunkeln, hat sie zusätzlich eine blickdichte Gardine für den Heckbereich angebracht. Wenn sie diese zuzieht, kann sie drinnen Licht anschalten, ohne, dass es von außen sichtbar ist.

Irene hat sich auf nur wenigen Quadratmetern ein funktionales und gleichzeitig gemütliches Zuhause geschaffen. Ihr Ausbau ist von vorne bis hinten durchdacht und auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Für alles hat sie im Laufe der Zeit eine geschickte Lösung gefunden, sodass es ihr weder an Komfort noch an Funktionalität mangelt. „Es ist das Zuhause, in dem ich mich jemals am wohlsten gefühlt habe“, ist sich die 61-Jährige sicher.
Das Leben beginnt am Ende der Komfortzone
Seit Irene ihr Leben radikal geändert hat, hat sie sich selbst und ihre Bedürfnisse viel besser kennen gelernt. „Deswegen bin ich auch aufgebrochen auf diese Reise“, sagt sie, „um herauszufinden: Wer bin ich? Wie möchte ich leben? Was erfüllt mich und macht mich glücklich?“
Für sie ist es wichtig, nicht nach außen zu schauen und sich daran zu orientieren, was andere tun. Dahingegen schaut sie nach Innen, findet heraus, was ihre Träume sind und was ihr gut tut. „Das wusste ich viel zu lange nicht“, bedauert sie. Die Antworten auf ihre Fragen findet Irene vor allem dicht an der Natur, sodass sie ihren Lebensstil nicht mehr missen möchte.
Der Mutmuskel muss trainiert werden
Die 61-Jährige ist sich sicher, dass man immer flexibler wird, je mehr man sich neuen Herausforderungen stellt. Verweilt man hingegen in seiner Komfortzone, wird man unflexibler und bekommt umso mehr Ängste, in die Welt hinauszugehen und sich etwas zuzutrauen.

Für sie ist es wie ein Muskel, den man trainiert, sodass man sich traut, etwas Neues in Angriff zu nehmen. Hierfür ist das Vanlife ideal. Hier ist alles immer wieder neu. Neue Umgebung und neue Menschen, die man kennenlernt. Während man in seiner gewohnten Umgebung stets weiß, wo der nächste Supermarkt ist und dort sogar weiß, in welchem Regal die Milch steht, muss man unterwegs zunächst einmal einen Supermarkt finden. Oder einen Waschsalon. Oder eine Tankstelle. „Das alles in einer fremden Sprache zu bewerkstelligen ist eine Herausforderung, die mich jung und frisch hält und meinen Mutmuskel trainiert“, so Irene.
Willst auch du dich weiterentwickeln?
Um Menschen auf ihrem persönlichen Entwicklungsweg zu begleiten und zu unterstützen, bietet Irene ihre Dienste als Mentorin an. Auf ihrer Homepage erfährst du mehr über ihre Arbeit und wie sie dir dabei helfen kann, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Wir sind noch immer begeistert von Irenes Mut und ihrem wunderschönen Zuhause, das so klein und doch gleichzeitig so wohnlich ist. Wunderschöne Reisen und tolle Begegnungen wünschen wir ihr und dass sie all das findet, was sie glücklich macht.
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